Ein kleiner Erfahrungsbericht anlässlich der Blogparade des Studiengangs PKNM 10 der Donau Universität Krems
Von 2012 bis 2015 habe ich den Studiengang PKMN / Kompetenzorientierte Personalentwicklung an der Donauuniversität in Krems absolviert. Und was hat sich seitdem verändert? Was habe ich erlebt?
Zuallererst, das Studium hat mir sehr bei meiner beruflichen Entwicklung geholfen, ein echter Zugewinn! Beide Daumen hoch.
Mit viel Elan kommt man also aus diesem Studium, voller Ideen, Netzwerken, Tatendrang und stößt dann im Berufsalltag auf Realitäten, die man so in der Euphorie des Studiums nicht bedacht hat.
Aus meiner Sicht gilt generell: Die Idee für die Entwicklung eines unternehmenseigenen Kompetenzmanagements im Rahmen der Personalarbeit lässt sich im Unternehmen meist ohne große Widerstände durchsetzen, da die Vorteile auf der Hand liegen. Besseres Recruiting und bessere Ausrichtung der Teams auf den Unternehmenserfolg sind da nur zwei Beispiele. Viele HR-Informationssysteme bieten bereits dafür entsprechende Lösungsansätze, so dass das Thema relativ schnell IT-technisch eingebunden werden kann.
Die konkrete, wirkliche Implementierung eines Kompetenzmodells in die Praxis ist dann schon etwas schwieriger, unter anderem deshalb, weil dieses Thema in Deutschland mitbestimmungsrelevant ist und der Zustimmung des Betriebsrates bedarf. Und diesem Gremium muss man ganz genau erklären: Was basiert dabei? Welche Auswirkungen hat das Kompetenzmanagement im Laufe der Employee Journey? Wie sind die Teams im Unternehmen konkret davon betroffen? Wo profitieren sie? Wie funktioniert die „Beurteilung“? Diese Liste könnte beliebig fortgesetzt werden.
Für die Gespräche mit dem Betriebsrat empfiehlt es sich, sich sehr gut vorzubereiten, da es oft auf Details ankommt. Das A & O dabei ist, den Betriebsrat frühzeitig in den Prozess mit einzubeziehen und Vertrauen zu schaffen, dass die Kompetenzmodelleinführung und die Diagnostik dem Wohle der Belegschaft dienen. Die Darstellung der Inhalte sollte leicht verständlich sein und nicht im Personalentwicklungsjargon erklärt werden. Für das Thema „Kompetenzmodell“ bedarf es meist einer Gesamtbetriebsvereinbarung, in der alle Details geregelt sind und Nachteile für die Belegschaft ausgeschlossen werden. Dieser Prozess und die Verhandlungen dazu können sehr lange dauern. Deshalb sollte jeder Projektverantwortliche resilient und ausdauernd sein sowie zielgruppengerecht und klar kommunizieren.
In kleineren Unternehmen ohne Betriebsrat kann die Einführung zumeist einfacher und schneller erfolgen. Einige Start-up Unternehmen verknüpfen ihr Kompetenzmanagement sogar bereits sehr erfolgreich mit ausgefeilten HR-Data-Analytics-Systemen.
Aus eine Reihe von Projekten kann ich bestätigen, dass mit einem Kompetenzmodell die Personalarbeit generell viel leichter fällt und systematischer von statten geht. Das vermeidet den klassischen „Trial & Error“ Ansatz bzw. zu sehr sympathiebezogene Entscheidungen bei anstehenden Personalthemen.
In die gesamte Kompetenzentwicklung, bzw. in die Ausarbeitung eines Gesamtkonzeptes, sollten von Anfang an die Führungskräfte involviert werden. Aber auch die Teams in den operativen Abteilungen sollten bei der Einführung eines Kompetenzmodells frühzeitig mit auf die Reise genommen werden, damit folgende Fragen beantwortet werden: Was bringt es allen? Was bedeutet es für jeden einzelnen? Je transparenter und ehrlicher kommuniziert bzw. informiert wird, desto leichter fällt die erfolgreiche Implementierung im Unternehmen.
In den letzten Jahren haben sich Kompetenzen vor allem durch die Digitalisierung verändert. Da ist einiges im Fluss, auch weil sich Arbeitsorte-, und aufgaben stark verändern. Es bedarf also einer ständigen Überprüfung des Status Quos und der Orientierung an der Unternehmensstrategie und am Marktumfeld.
Seit der Corona-Pandemie in 2020/21 stelle ich fest, dass die Themen Personalentwicklung und die Kompetenzentwicklung möglicherweise bei etlichen, meist traditionellen, länger etablierten Unternehmen derzeit an Bedeutung verlieren, weil eher „systemrelevante“ Überlebensfragen anstehen. Personalentwicklungsteams werden sogar aufgelöst und es gibt vermehrt Einstellungsstopps für den HR-Bereich. Ob das nur kurzfristig so ist, bleibt dahingestellt.
Im Start-up Umfeld und bei innovativen Unternehmen gewinnt das Thema Kompetenzmanagement und HR-Analytics jedoch weiter an Bedeutung und HR-Kennzahlen schaffen eine nachhaltige Grundlage für Personalentscheidungen, da Fakten erst einmal mehr zählen als ein reines Bauch- oder „Erfahrungsgefühl“.
Personalentwicklungsabteilungen mit ihren Aufgaben stehen aus meiner Sicht (noch immer) vor einem Paradigmenwechsel:
- Personalentwicklung als Funktion muss sich noch mehr beweisen und kritisch hinterfragen und den Beitrag zum Unternehmenserfolg klarer benennen. Und folglich mehr „business-savy“ werden, da ansonsten das Verschwinden dieser Funktion droht. Personalentwicklung darf folglich nicht nur „nice-to-have“ sein!
- Personalentwickler bestimmen nicht mehr das Lernen und was gelernt werden sollte, sondern werden zu Coaches und Lernberatern im Unternehmen. Die Lernenden selbst haben die Macht über ihre Entwicklung und auch über große Teile der eigenen Kompetenzeinschätzung. Wir stehen hier vor einem durchgreifenden Wandel. Dieser wurde zwar schon vor mehr als fünf Jahren propagiert, aber jetzt ist er Realität geworden. Oft getrieben von den Teams in den Unternehmen selbst: Bottom-up statt top-down.
- Personalentwicklung ist derzeit oft eine zentrale HR-Funktion. Sollte Personalentwicklung als Funktion nicht stärker in die Unternehmensabteilungen (Business Units) direkt verankert werden, um näher am Tagesgeschäft zu sein, statt zentral, oft zu administrativ zu agieren? Ich denke, über die organisatorische Zuordnung von Personalentwicklung in Unternehmen muss noch stärker nachgedacht werden, um mehr Praxisnähe zu den Lernenden herzustellen.
- Wir Personalentwickler sind noch zu stark auf die Wissensvermittlung reduziert. Kompetenzentwicklung ist unabdingbar für eine erfolgreiche und nachhaltige Personalarbeit. Leider sind die Anforderungen aus dem Business oft auf sogenannte Quick-Wins aus, statt längerfristig und systemisch zu denken und zu handeln.
- Personalentwicklung muss sich noch besser mit der Unternehmensstrategie verzahnen. Noch immer tummeln wir uns als PE-Teams nicht professionell genug auf dem unternehmerischen Spielfeld. Entweder erscheinen wir zu altbacken oder zu abgehoben. Also, besser im Spiel bleiben, statt die gelbe oder sogar die rote Karte zu erhalten, durch die richtige Positionierung und Vernetzung in den Unternehmen.
Fazit
Es gilt nach wie vor: Kompetenzmanagement ist die systematische, zukunftsorientierte Entwicklung der Belegschaft in Unternehmen. Noch immer vergeuden viele HR-Abteilungen in Unternehmen Zeit und Geld mit Einzelmaßnahmen und ausgedienten Konzepten (reine Wissensvermittlung). Weniger Gießkanne, mehr individuelle Betreuung und Beratung der operativen Bereiche sind notwendig und auch die genaue Kenntnis des Geschäftsumfeldes, für das man arbeitet. Personalentwicklung bedeutet die enge Verzahnung mit den operativen Zielen und orientiert sich an den (oft tagesaktuellen) situationsorientierten Bedarfen. Das erfordert ein kontinuierliches, konstruktives Hinterfragen des eigenen Tuns und Mut zur Veränderung und zum Ausprobieren neuer Lernwege.