Employee Experience (EX): Was bedeutet das eigentlich?
Seit 2017 ist Employee Experience einer der wichtigsten Trends in der HR-Arbeit, Was bedeutet das eigentlich für Unternehmen und warum ist das so wichtig? Hier einige Anregungen, wie Sie Employee Experience nachhaltig einführen.
Ein Blick auf alte und neue Managementmodelle zeigt, wie sich Führung verändert und welche Auswirkungen dies es auf Unternehmen und seine Mitarbeiterteams hat.
Traditioneller Ansatz (Gestern) |
Moderner Ansatz (Heute->Zukunft) |
Arbeitsabläufe durch Bürokratie vorgegeben | Arbeitsabläufe orientieren sich am Kunden |
Entscheidungen durch Hierarchie | Entscheidungen durch Schwarmwissen |
Extrinsische Motivation | Intrinsische Motivation |
Zielerreichung starr fixiert | Zielerreichung eher volatil |
Karriere vertikal (Titel- das Nonplus-Ultra) | Karriere horizontal-Experte ist „Leader“ |
Ein kleiner historischer Exkurs am Anfang muss sein…
Die Anfänge
Im Zeitalter der industriellen Revolution war Arbeitsatmosphäre geprägt von schlechter Bezahlung, harter Arbeit, strikten Anweisungen von oben und keinerlei Mitbestimmungsmöglichkeit für die Arbeitnehmerschaft. Kontrolle und totale Überwachung stand hier an der Tagesordnung.
In den 1930er Jahren wies der australische Sozialwissenschaftler Elton Mayo bereits nach, dass eine gute Arbeitsatmosphäre in der Belegschaft und eine freundliche Führungskultur einen erheblichen positiven Einfluss auf die Arbeitsleistung haben. Das war die frühe Geburt der Employee Experience.
Employee Experience etabliert sich
Es dauerte aber noch eine ganze Weile bis der Begriff Employee Experience sich wirklich in der Personalarbeit etablierte. Vor allem in der Autoindustrie in den USA, begann man in den frühen 1950er Jahren die Mitarbeiterteams auch auf unterster Hierarchieebene in gewisse Entscheidungen des Unternehmens mit einzubeziehen, um Arbeitsprozesse zu verbessern. Eine sinnvolle, ganzheitliche und organisatorische Personalarbeit gab es aber nicht. Die Personalarbeit beschränkte sich damals in erster Linie auf administrative Aufgaben und meist fokussierte sie sich dabei eine Personalentwicklung nur auf Führungskräfte. Personalentwicklung für alle Arbeitenden setzte sich erst Anfang der 1980er durch aufgrund der technischen Entwicklungen. Seit Computer, Internet & Co. ist die Aus- und Weiterbildung ein Muss, da sich Arbeitsinhalte rasant verändern.
Heute sind Lernen und Arbeiten eng miteinander verbunden und quasi eine Einheit. Lernende selbst entscheiden zunehmend über ihre berufliche Weiterentwicklung und HR, insbesondere die Personalentwicklung schaffen eine lernförderliche Umgebung.
Employee Experience – Nur ein Buzzword?
Erst einmal generisch formuliert: Employee Experience beschreibt, die Gesamtheit aller Erlebnisse und Erfahrungen, die ein Arbeitnehmer:in am Arbeitsplatz im Unternehmen macht. Wichtig dabei sind die positive Unternehmenskultur, die optimalen technologischen Voraussetzungen und das physische Erleben (Kantine, Job Ticket, Bonus, Arbeitsplatzgestaltung etc.) Eine Mischung aus Markenerlebnis, Kultur und Purpose, also wofür arbeiten wir)
Je positiver also das Erlebnis ist, umso mehr steigt die Motivation und das unternehmerische Denken, um damit der Erfolg des Unternehmens. Dabei stehen dem Unternehmen unterschiedlichste Werkzeuge zur Verfügung, um dieses Ziel zu erreichen, wie z.B:
- Klar durchdachte Firmenmission (Purpose) und Ziele
- Flache Hierarchien und Entscheidungswege
- Einbeziehen der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse
- Transparente Unternehmenskommunikation
- Mitarbeiterbefragungen (am besten mehrmals jährlich)
- Top Management-Involvement und erstklassig ausgebildete Führungskräfte
- Unternehmerische Denken fördern
- Authentisches Employer Branding, das die Belegschaft zu Botschaftern machen
- State of the Art in Punkto Technologie und Kommunikation
- HR denkt outside-in statt inside-out (Denken wie ein Marketier)
Kein Sprint, aber ein Marathon!
Es gilt von Anfang an eine Employee Journey konzeptionell im Vorfeld zu definieren, also all die Stationen eines Angestellten nachzuvollziehen und aufzuschreiben, um alle Kontaktpunkte in der Arbeitswelt mit positiven Erlebnissen auszustatten.
Dazu ein paar Beispiele:
Journey |
Aspekte |
Stellensuche | Attraktives Employer Branding im Vorfeld |
Bewerbung | Persönliche Ansprache, schnelle Reaktion, Vertrauen |
Onboarding | Willkommenskultur, Buddy-Prinzip, Arbeitsplatzgestaltung |
Integration | Einbindung in Projekte, Gespräche, Wünsche, Feedback |
Fordern & Fördern | Verantwortung übertragen, Ziele & Wünsche definieren |
Weiterentwickeln | Fähigkeiten und Kompetenzen erweitern, Gespräche |
Austritt | Austrittsgespräch, Alumni-Netzwerk, im Gespräch bleiben |
10-25% der Neueinstellungen scheiden in der Phase Onboarding, Übergang Integration aus: Dadurch verlieren Unternehmen eine Menge Geld, und zwar ca. 10-30% des Jahresgehaltes.
Ganzheitliches und nachhaltige Handeln sind entscheidend, um die Unternehmensperformance zu steigern. Daher ist Employee Experience kein Marketinggag oder ein Schnellschuss zur Firmenimagekosmetik, sondern eine ernsthafte Investition in die Zukunft des Unternehmens. Data Analytics und damit ausgefeilte Datensysteme helfen, entsprechende KPIs zu ermitteln und zu analysieren. Voraussetzung dafür ist aber, dass sich Unternehmen im Vorfeld klar sind, was sie unter Employee Experience verstehen, welche Maßnahmen und Konzepte sie implementieren wollen, um dann erst zu überlegen welches HR-System, sie dabei unterstützen kann.
Employee Experience nachhaltig einführen ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Deshalb sind regelmäßige Pulschecks zur Firmenkultur, eine Überprüfung des Employer Brandings, Coaching der Führungsteams, sowie eine kontinuierliche Ausrichtung der Organisation auf die Mitarbeiter-, und damit auf die Kundenbedürfnisse wichtige Erfolgsfaktoren. Einzelaktionen bringen keinen Erfolg. Employee Experience ist heute Kernbestandteil einer kompetenzorientierten Personalentwicklung. Dementsprechend lautet meine Empfehlung für eine erfolgreiche Employee Experience: Entweder ganz oder gar nicht.